Montag, 6. August:
Nyborg
Der Tag geht schonmal gut los. Unser Dresdner Nachbar fragt, ob wir ihm nicht wie besprochen unseren Briefkastenschlüssel in seinen Briefkasten geworfen hätten. Meine Antwort, dass wir dies getan haben sowie der Umstand, dass sein Briefkasten nach mehreren Tagen Abwesenheit komplett leer war, lässt nur einen Schluss zu: jemand hat sich am Briefkasteninhalt bedient. Super.
Unser zweiter familieninterner Briefkastenschlüssel ist mit nach Dänemark gereist und muss, um unseren Briefkasten vor dem Explodieren zu bewahren, schnellstens nach Dresden. Ein erster Versuch in der Nyborger UPS-„Filiale“, einem Fahrradladen, scheitert komplett am von wenig Kompetenz zeugenden Gespräch mit den allerdings sehr freundlichen Fahrradschraubern. Wir könnten ja ein UPS-Etikett drucken und dann den Umschlag vorbeibringen. Wir haben im Urlaub aber keinen Drucker dabei … Der Folgevorschlag – man könnte vielleicht in der Bibliothek etwas ausdrucken – lässt uns umdenken. (Ich muss den jungen Mann in Schutz nehmen, denn er kann nichts dafür, dass der Fahrradladen nur eine Sammelstelle für UPS ist. Er hat sich wenigstens Zeit für uns genommen und einen Lösungsvorschlag gemacht.) Wir rollen zur Touriinfo, versichern uns vorsichtig, dass die Dänische Post immernoch so lahmarschig ist wie immer („Yes, the Danish Post offers a very slow service“), und wir nutzen den Hinweis auf einen GLS-Stand im naheliegenden Supermarkt. Das Personal dort wirkt fitter als das im Fahrradladen, und so geht der Schlüssel auf die Reise. Und ich habe mich sofort an die Dänischen Gepflogenheiten adaptiert und eine Nummer gezogen, ohne die der Wartende nicht bedient werden würde.
Nyborg ist ein unaufgeregtes kleine Städtchen mit einem großen kostenlosen Parkplatz und einem wunderschönen alten Schloss. Eigentlich. Denn rund um das wunderschöne alte Schloss hängt ein topmodernes hässliches Gerüst und bedeckt den Bau komplett. Nyborg Slot wird derzeit komplettsaniert und auf den Stand vor der schwedischen Zerstörung zurück- und umgebaut, und das wird sich nicht nur ein paar Stunden, sondern noch ein paar Jahre ziehen. Aber dann ist es bestimmt das tollste und bestrestaurierteste Schloss aus dem 16. Jh., das wir jemals gesehen haben. Wir spazieren deshalb nur um das Schloss herum, entlang an den alten Festungsgräben und Bastionen und Kanonen.
Am Ende der Tour besuchen wir noch eine alte Mühle am Ortsrand von Nyborg. Innen ist schon alles recht morsch, aber erste wirkliche Zweifel kommen mir dann beim Wackeln am Geländer der Außengalerie, oder wie auch immer dieser Teil einer Mühle heißt. Also immer schön eine Armlänge Abstand – der Außenweg nach unten sieht verdammt lang und aua aus.
Auf dem Rückweg überfallen wir den lokalen Bäcker, und ich bestelle auf Dänisch(!) (Ja, Herr H. ist sprachlich mutig und gewand. Und die dänische Verkäuferin hat sich auch über diese besondere Höflichkeit gefreut.) zwei Stück der lokalen Spezialität „Brunsvig Kage“, einem karamellzuckerigen Zuckerkuchen (die Karamellzuckerdecke auf dem Kuchen ist fast so dick wie der Teig …) von hervorragender Schmeckigkeit. Mit dem im Gepäck geht es ab nach Hause zu Kaffee und Tagesabschluss am Strand mit Bier in der Hand.