Spoiler: Dieser Darß-Urlaubsbericht wird noch knapper als die vorhergehenden. Die Gründe sind andere als letztes Jahr – der Fokus lag ganz eindeutig auf Lesen statt langem Tippen und auf Gegend mit den Augen anschauen statt durch den Sucher. Schlussendlich sind unsere Urlaube im Ostsee-Stammquartier zu guten Teilen ähnlich den früheren, was so auch beabsichtigt ist und für uns keinesfalls Langeweile bedeutet – für Leser der Webseite aber vielleicht schon …
Die erste gute Nachricht: Es ist niemand im Urlaub krank geworden, bis auf ein paar Neuschuhblasen bei Frau R. gab es keine Ausfälle.
Die zweite gute Nachricht: Ich habe meinen Vorsatz, dieses Jahr nichts vom Strand nach Hause zu schleppen, was nicht in die Jackentasche passt, durchgehalten. Auch das hat die Woche entspannter gestaltet.
Die dritte gute Nachricht: Hofkatze Flitzi hat sich diesmal ausgiebig um uns gekümmert und zum Teil mehrfach am Tag nach uns geschaut. Bis auf Donnerstag und Freitag, da war sie komplett abgängig, wahrscheinlich wegen wichtiger Katzendinge …
Samstag, 2. März:
Anreise
Wir setzen den PKW gegen 10.30 Uhr in Bewegung und kommen entspannt und durch eine kurzentschlossene Stauumfahrung nach den üblichen vier Stunden und fünfzehn Minuten am Ferienort an. Unsere Quartiereltern sind zwar unterwegs, aber das Häuschen Emely steht bereit und ist durchgewärmt.
Nach einer Stützkuchenpause brechen wir zum Hohen Ufer auf und merken schon auf dem Fußweg dahin, dass die Zahl der Touristen dort in diesem Jahr erheblich zugenommen hat. Der Grund dafür ist der alte NVA-Radar-Bunker, welcher zwei Wochen vorher die durchgeweichte Steilküste heruntergerutscht war und jetzt imposant den Weg am Strand blockiert.
Wir machen diesmal alles anders und laufen total mutig auf der Steilküste bis zur Seebrücke in Wustrow und dafür am Strand zurück. Deshalb sehen wir den Bunker eher zum Schluss, aber eigentlich auch nicht. Herrje – der schöne Aussichtspunkt über die Ostsee ist tatsächlich Geschichte. Die Gemeinde weiß noch nicht, wie sie das Problem angehen wird; aber die Einheimischen sind überzeugt davon, dass die Strandbesucher innerhalb kurzer Zeit einen neuen Pfad durch die Steilküste und über den Bunker hinweg getrampelt haben werden.
Deutlicher als in den Jahren zuvor bemerken wir, wie sehr die Küste immernoch darunter leidet, dass kein aktiver Küstenschutz passiert. Auch deshalb ist die Idee, den Bunker einfach liegen zu lassen, vielleicht nicht die schlechteste – so viel Beton ist dort seit DDR-Zeiten nicht mehr ins Wasser geworfen worden, um die Erosion aufzuhalten.
Das Wetter ist zwar trocken, lädt aber nicht unbedingt zu längeren Aufenthalten im Freien ein, weshalb wir uns zeitig nach Hause und in die Lesemöbel verziehen.
Sonntag, 3. März:
Ahrenshoop-Rundgang
Das Wetter ist immernoch grau und pfiffelig, wir entscheiden uns deshalb für die überschaubare Zweieinhalb-Stunden-Runde am Bodden nach Ahrenshoop-Althagen und von dort über den Strand und die Steilküste wieder zurück.
Der Wind kommt derart kräftig von Osten, dass der Bodden überschwappt und Reetwiesen komplett und beinahe auch den Fußweg unter Wasser setzt. Wir haben aber Glück und kommen ohne Matschhose gut durch.
Da es dieses Jahr ausreichend Hinweisschilder auf den am Freitag drohenden Frauentag als Feiertag in Meck-Pomm gibt, reservieren wir auch gleich den Tisch im Strandläufer – was eine gute Idee scheint, denn schon jetzt, fünf Tage vorher, ist es vorbei mit der freien Zeitauswahl.
Der nächste Hammer: Das beliebteste Fotomotiv in Ahrenshoop, das Haus in den Dünen, ist ebenfalls ruiniert – man hat die hohen Bäume daneben gefällt, die einen beträchtlichen Teil des Anblicks ausgemacht hatten. In ungefähr 60 Jahren lohnt sich ein Schnappschuss wieder, bis dahin gibt es nur ein Hausdach, dass hinter Sand hervorlugt.
Fotos mache ich keine. Ich lasse die Hände lieber in den Taschen, und neue Fotomotive sind nicht zu entdecken.
Montag, 4. März:
Weststrand
So langsam erkämpft sich die Sonne ihren Platz in der Urlaubsplanung, und wir drehen kurzentschlossen unsere Runde am Weststrand. Die wird nicht ganz so lang, denn auch im Naturschutzgebiet steht das Wasser hoch, und der Müllergraben ist dementsprechend breit und tief. Nach den vergangenen Abenteuern mit nassen Füßen und schwerem Holz auf der Schulter ersparen wir uns dieses Jahr jegliche Experimente. Der verkürzte Ausflug ist eine Wohltat, und wir bereuen gar nicht, dadurch mehr Zeit für Kuchen und Bücher zu haben, zumal es auf dem Rückweg durch den Wald wieder eingraut und abkühlt.
Dienstag, 5. März:
Wismar
Lange nicht dort gewesen, mal wieder Lust drauf gehabt: Wismar liegt eine reichliche Autostunde entfernt, am Hafen kann man für einen Euro einen ganzen Tag parken, und die Sonne scheint. Jedenfalls theoretisch. Praktisch ist es entgegen allen Vorhersagen mal wieder grau und kalt. Das bremst zwar nicht unsere Ausflugslust, jedoch mein Verlangen zu fotografieren. Also bleiben die Knippse in der Tasche und die Augen auf den Weg gerichtet statt aufs Display.
Wir starten in der Touristeninfo und im gleich nebenan gelegenen, 2013/2024 rekonstruierten Welterbe-Haus, in dem man ein bisschen alte Bausubstanz erkunden und Wissenswertes zum Weltkulturerbe-Titel Wismars erfahren kann.
Das Städtchen eignet sich immernoch ganz gut zum Herummäandern, wir pingpongen mehrfach zwischen Hafen und höher gelegenen Teilen hin und her. Allein durch Nosferatus Wassertor latschen wir vier Mal. Unterwegs stellt sich am Kai auch noch eine Schokoladenmanufaktur in den Weg und fordert ihren Tribut; allerdings werden wir von der Schokoliererin sogar dafür gelobt, zügig und eigenverantwortlich auswählen und einkaufen zu können.
Der lärmigste Ort ist diesmal ausgerechnet die Kirche St. Nikolai, in der nicht nur innen und außen Gerüstbauarbeiten toben, sondern die zusätzlich noch von Kanalreinigungskraftwagen akustisch angegriffen wird. Der Rundgang durch die Kirche bringt aber immerhin zwei Bücher fürs Regal, denn ein Buchbasar mit mehreren Tausend Bänden und einem Preis von einem Euro pro Buch lenkt mich ein bisschen vom Getöse ab. Dass ich unbeabsichtigt ein Buch erwerbe, in dem ausdrücklich steht, dass es sich um ein Rezensionsexemplar von 2009 handelt, welches nicht verkauft werden darf? Ich denke, dass der Erlös für den guten Zweck diese Schandtat wieder gut macht.
Beim zweiten Foto habe ich eine Ansicht aus dem Jahr 2014 dazugepackt. Die Bausubstanz hat sich irgendwie nicht verbessert, nur … ähm … verändert …
Mittwoch, 6. März:
Nur mal kurz nach Ahrenshoop
Die gestrigen und vorgestrigen Touren in den Knochen, halten wir unseren Spaziergang heute kurz und sammeln die Sanddorn-Sachen und Bunte-Stube-Artikel ein, die wir normalerweise erst am Freitag gekauft hätten.
Am Bodden entlang geht es in Richtung Funkmast, von da rollen wir Ahrenshoop sozusagen von hinten auf, laufen durch den alten Dorfkern und dann wieder in Richtung Hafen. Ich entdecke einen Laden „mehr Räucherhaus“, in dem es zum Beispiel sehr lokales Bier zu kaufen gibt. Auf meine Frage, ob der Laden neu wäre, erhalte ich „kommt drauf an – so sechs, sieben Jahre?“ als Antwort. Bämm. Und jetzt sage mir doch bitte jemand, dass man nach 15 Jahren Ahrenshoop nicht mehr überrascht werden kann …
Keine Fotos, da keine Lust und am Ende auch wieder keine Sonne.
Donnerstag, 7. März:
Darßer Ort
Ha, heute aber! Sonne pur, wenig(er) Wind, ausgeruhte Füße – auf nach Prerow.
Am Ende des Ortes auf dem großen Parkplatz vor dem Campingplatz kostet die Tageskarte mittlerweile 7,50 Euro. Und es gibt nur Tageskarten. Sieben Euro fünfzig für den selben, ewig buckeligen Hartplatz wie seit 2009, nur dass man damals hier für drei Euro das Auto den ganzen Tag abstellen konnte. Da wir für unsere Tour erfahrungsgemäß höchstens fünf Stunden brauchen, werden wir uns nächstes Jahr wohl in Richtung Innenstadt orientieren, wo man sich nicht den Unterboden aufschlägt und weniger, weil stundengenau zahlt.
Man lebt aber nur einmal und vor allem heute, und deshalb stapfen wir frohen Mutes in Richtung Darßer Ort. Wir biegen mutig mal an einer anderen Stelle zum Weststrand ab und sehen deshalb ein paar Meter Weg, die wir noch nicht kannten. Am Leuchtturm ist alles wie gehabt, an der Wasserkante liegen auch ein paar Hühnergötter für mich herum, und wir laufen am Strand bis fast zum Müllergraben, heute eben aus der anderen Richtung.
Der Rückweg durchs Moor ist wie erwartet sehr feucht, so viel Wasser haben wir in all den Jahren noch nicht in der Gegend stehen sehen. Noch schlimmer wird es vom ehemaligen Nothafen in Richtung Nordstrand. Da man wegen der Baustelle – der Nothafen wird endgültig zugeschüttet und renaturiert, weil er wegen des in Prerow neu entstehenden „Superhafens“ seine Existenzberechtigung verliert – nicht über die Treppen zum Strand gelangt, müssen wir hinter dem Zeltplatz entlang und dann irgendwo über einen Aufgang durch die Dünen. Problem: Zwischen den beiden Dünen hat sich eine lange Seenlandschaft gebildet, die Teile des Zeltplatzes und etliche Dauercamper unter Wasser setzt. Wir finden nach mehreren Fehlversuchen doch noch einen Weg zum Nordstrand, sind da allerdings auch schon wesentlich näher an Prerow als gewohnt. Aber immerhin: Wir sind am Strand.
Den Abschluss bildet der ersehnte Besuch in der Teeschale, wo wir nach zwanzig Minuten Warten Plätze erhaschen können. Wir schlagen uns auf die Schulter für die Eingebung, die Tour nicht am Frauentag gemacht zu haben, denn dann dürfte die Warteschlange bis auf die Straße reichen …
Freitag, 8. März:
Wustrow und zurück
Es ist wie gesagt Frauentag. Alle wichtigen Wege sind erledigt, alle Einkäufe getätigt, Kuchen für heute und Brötchen für den Samstag seit gestern vorrätig – wir können unbeschwert nochmal zu einem Spaziergang starten.
Es wird unsere Standardrunde am Bodden nach Wustrow, dann durch Wustrow zum Strand und am Strand zurück nach Niehagen.
In Wustrow wimmelt es von Berliner Ausflüglern – auch in Berlin ist heute Feiertag, und deshalb kloppen sich die Touristen um die Parkflächen. (Auch der kleine Parkplatz in Niehagen am Anfang des Weges zum Hohen Ufer, auf dem freitags normalerweise keine 10 Autos stehen, ist mit ungefähr 50 Autos voll, irre …)
Wir schaffen es unterhalb der Steilküste noch bis ran an den NVA-Bunker und betrachten die Bescherung aus der Nähe. Guten Rutsch!
Um das Thema Küstenerosion nochmal zu verdeutlichen: Dieser kleinere, vor unserer Zeit auf dem Darß abgerutschte Bunker stand 2009 direkt unter der Steilküste, später fiel der Klotz daneben runter, heute liegt der Bunkerwürfel ungefähr zehn Meter vom Ufer entfernt und von der Wasserlinie bis zur Steilküste sind es noch einmal sechs bis acht Meter. Vor dem dieses Jahr abgerutschten Bunker konnte man früher noch zu Fuß und mit dem Fahrrad lang. Das Meer frisst sich ins Land, und der Darß ist irgendwann wieder eine Insel …
Abends geht es in den Strandläufer, wo fast im Minutentakt Laufkundschaft ohne Reservierung weggeschickt werden muss. Püh!
Samstag, 9. März:
Abreise
Wecker auf 8, die Sonne lacht, Frühstück, Auszug und auf den Heimweg gemacht. Abfahrt ist 10.17 Uhr, Ankunft Schlag 14.30 Uhr, danach folgen noch Ausladen, Fahrzeugreinigung – das Gefährt hat eine echte Schicht Sand als Patina – und Schmidt-Heimholung. Gegen 17.30 Uhr ist das Rudel wieder vereint und feiert das Wiedersehen.
Fazit
Nichts, was nicht in die Jackentasche passt, dafür eine ganz passable, regenfreie Woche mit Seeluft und Strandkilometern – gern wieder!