Darß 2024

Spoi­ler: Die­ser Darß-Urlaubs­be­richt wird noch knap­per als die vor­her­ge­hen­den. Die Gründe sind andere als letz­tes Jahr – der Fokus lag ganz ein­deu­tig auf Lesen statt lan­gem Tip­pen und auf Gegend mit den Augen anschauen statt durch den Sucher. Schluss­end­lich sind unsere Urlaube im Ost­see-Stamm­quar­tier zu guten Tei­len ähn­lich den frü­he­ren, was so auch beab­sich­tigt ist und für uns kei­nes­falls Lan­ge­weile bedeu­tet – für Leser der Web­seite aber viel­leicht schon …

Die erste gute Nach­richt: Es ist nie­mand im Urlaub krank gewor­den, bis auf ein paar Neu­schuh­bla­sen bei Frau R. gab es keine Ausfälle.

Die zweite gute Nach­richt: Ich habe mei­nen Vor­satz, die­ses Jahr nichts vom Strand nach Hause zu schlep­pen, was nicht in die Jacken­ta­sche passt, durch­ge­hal­ten. Auch das hat die Woche ent­spann­ter gestaltet.

Die dritte gute Nach­richt: Hof­katze Flitzi hat sich dies­mal aus­gie­big um uns geküm­mert und zum Teil mehr­fach am Tag nach uns geschaut. Bis auf Don­ners­tag und Frei­tag, da war sie kom­plett abgän­gig, wahr­schein­lich wegen wich­ti­ger Katzendinge …

Samstag, 2. März:
Anreise

Wir set­zen den PKW gegen 10.30 Uhr in Bewe­gung und kom­men ent­spannt und durch eine kurz­ent­schlos­sene Stau­um­fah­rung nach den übli­chen vier Stun­den und fünf­zehn Minu­ten am Feri­en­ort an. Unsere Quar­tier­el­tern sind zwar unter­wegs, aber das Häus­chen Emely steht bereit und ist durchgewärmt.

Nach einer Stütz­ku­chen­pause bre­chen wir zum Hohen Ufer auf und mer­ken schon auf dem Fuß­weg dahin, dass die Zahl der Tou­ris­ten dort in die­sem Jahr erheb­lich zuge­nom­men hat. Der Grund dafür ist der alte NVA-Radar-Bun­ker, wel­cher zwei Wochen vor­her die durch­ge­weichte Steil­küste her­un­ter­ge­rutscht war und jetzt impo­sant den Weg am Strand blockiert.

Wir machen dies­mal alles anders und lau­fen total mutig auf der Steil­küste bis zur See­brü­cke in Wus­trow und dafür am Strand zurück. Des­halb sehen wir den Bun­ker eher zum Schluss, aber eigent­lich auch nicht. Herrje – der schöne Aus­sichts­punkt über die Ost­see ist tat­säch­lich Geschichte. Die Gemeinde weiß noch nicht, wie sie das Pro­blem ange­hen wird; aber die Ein­hei­mi­schen sind über­zeugt davon, dass die Strand­be­su­cher inner­halb kur­zer Zeit einen neuen Pfad durch die Steil­küste und über den Bun­ker hin­weg getram­pelt haben werden.

Deut­li­cher als in den Jah­ren zuvor bemer­ken wir, wie sehr die Küste immer­noch dar­un­ter lei­det, dass kein akti­ver Küs­ten­schutz pas­siert. Auch des­halb ist die Idee, den Bun­ker ein­fach lie­gen zu las­sen, viel­leicht nicht die schlech­teste – so viel Beton ist dort seit DDR-Zei­ten nicht mehr ins Was­ser gewor­fen wor­den, um die Ero­sion aufzuhalten.

Das Wet­ter ist zwar tro­cken, lädt aber nicht unbe­dingt zu län­ge­ren Auf­ent­hal­ten im Freien ein, wes­halb wir uns zei­tig nach Hause und in die Lese­mö­bel verziehen.

Sonntag, 3. März:
Ahrenshoop-Rundgang

Das Wet­ter ist immer­noch grau und pfif­fe­lig, wir ent­schei­den uns des­halb für die über­schau­bare Zwei­ein­halb-Stun­den-Runde am Bod­den nach Ahren­shoop-Alt­ha­gen und von dort über den Strand und die Steil­küste wie­der zurück.

Der Wind kommt der­art kräf­tig von Osten, dass der Bod­den über­schwappt und Reet­wie­sen kom­plett und bei­nahe auch den Fuß­weg unter Was­ser setzt. Wir haben aber Glück und kom­men ohne Matsch­hose gut durch.

Da es die­ses Jahr aus­rei­chend Hin­weis­schil­der auf den am Frei­tag dro­hen­den Frau­en­tag als Fei­er­tag in Meck-Pomm gibt, reser­vie­ren wir auch gleich den Tisch im Strand­läu­fer – was eine gute Idee scheint, denn schon jetzt, fünf Tage vor­her, ist es vor­bei mit der freien Zeitauswahl.

Der nächste Ham­mer: Das belieb­teste Foto­mo­tiv in Ahren­shoop, das Haus in den Dünen, ist eben­falls rui­niert – man hat die hohen Bäume dane­ben gefällt, die einen beträcht­li­chen Teil des Anblicks aus­ge­macht hat­ten. In unge­fähr 60 Jah­ren lohnt sich ein Schnapp­schuss wie­der, bis dahin gibt es nur ein Haus­dach, dass hin­ter Sand hervorlugt.

Fotos mache ich keine. Ich lasse die Hände lie­ber in den Taschen, und neue Foto­mo­tive sind nicht zu entdecken.

Montag, 4. März:
Weststrand

So lang­sam erkämpft sich die Sonne ihren Platz in der Urlaubs­pla­nung, und wir dre­hen kurz­ent­schlos­sen unsere Runde am West­strand. Die wird nicht ganz so lang, denn auch im Natur­schutz­ge­biet steht das Was­ser hoch, und der Mül­ler­gra­ben ist dem­entspre­chend breit und tief. Nach den ver­gan­ge­nen Aben­teu­ern mit nas­sen Füßen und schwe­rem Holz auf der Schul­ter erspa­ren wir uns die­ses Jahr jeg­li­che Expe­ri­mente. Der ver­kürzte Aus­flug ist eine Wohl­tat, und wir bereuen gar nicht, dadurch mehr Zeit für Kuchen und Bücher zu haben, zumal es auf dem Rück­weg durch den Wald wie­der ein­graut und abkühlt.

Dienstag, 5. März:
Wismar

Lange nicht dort gewe­sen, mal wie­der Lust drauf gehabt: Wis­mar liegt eine reich­li­che Auto­stunde ent­fernt, am Hafen kann man für einen Euro einen gan­zen Tag par­ken, und die Sonne scheint. Jeden­falls theo­re­tisch. Prak­tisch ist es ent­ge­gen allen Vor­her­sa­gen mal wie­der grau und kalt. Das bremst zwar nicht unsere Aus­flugs­lust, jedoch mein Ver­lan­gen zu foto­gra­fie­ren. Also blei­ben die Knippse in der Tasche und die Augen auf den Weg gerich­tet statt aufs Display.

Wir star­ten in der Tou­ris­ten­info und im gleich nebenan gele­ge­nen, 2013/2024 rekon­stru­ier­ten Welt­erbe-Haus, in dem man ein biss­chen alte Bau­sub­stanz erkun­den und Wis­sens­wer­tes zum Welt­kul­tur­erbe-Titel Wis­mars erfah­ren kann.

Das Städt­chen eig­net sich immer­noch ganz gut zum Her­um­mä­an­dern, wir ping­pon­gen mehr­fach zwi­schen Hafen und höher gele­ge­nen Tei­len hin und her. Allein durch Nos­fe­ra­tus Was­ser­tor lat­schen wir vier Mal. Unter­wegs stellt sich am Kai auch noch eine Scho­ko­la­den­ma­nu­fak­tur in den Weg und for­dert ihren Tri­but; aller­dings wer­den wir von der Scho­ko­lie­re­rin sogar dafür gelobt, zügig und eigen­ver­ant­wort­lich aus­wäh­len und ein­kau­fen zu können.

Der lär­migste Ort ist dies­mal aus­ge­rech­net die Kir­che St. Niko­lai, in der nicht nur innen und außen Gerüst­bau­ar­bei­ten toben, son­dern die zusätz­lich noch von Kanal­rei­ni­gungs­kraft­wa­gen akus­tisch ange­grif­fen wird. Der Rund­gang durch die Kir­che bringt aber immer­hin zwei Bücher fürs Regal, denn ein Buch­ba­sar mit meh­re­ren Tau­send Bän­den und einem Preis von einem Euro pro Buch lenkt mich ein biss­chen vom Getöse ab. Dass ich unbe­ab­sich­tigt ein Buch erwerbe, in dem aus­drück­lich steht, dass es sich um ein Rezen­si­ons­exem­plar von 2009 han­delt, wel­ches nicht ver­kauft wer­den darf? Ich denke, dass der Erlös für den guten Zweck diese Schand­tat wie­der gut macht.

Beim zwei­ten Foto habe ich eine Ansicht aus dem Jahr 2014 dazu­ge­packt. Die Bau­sub­stanz hat sich irgend­wie nicht ver­bes­sert, nur … ähm … verändert …

Mittwoch, 6. März:
Nur mal kurz nach Ahrenshoop

Die gest­ri­gen und vor­gest­ri­gen Tou­ren in den Kno­chen, hal­ten wir unse­ren Spa­zier­gang heute kurz und sam­meln die Sand­dorn-Sachen und Bunte-Stube-Arti­kel ein, die wir nor­ma­ler­weise erst am Frei­tag gekauft hätten.

Am Bod­den ent­lang geht es in Rich­tung Funk­mast, von da rol­len wir Ahren­shoop sozu­sa­gen von hin­ten auf, lau­fen durch den alten Dorf­kern und dann wie­der in Rich­tung Hafen. Ich ent­de­cke einen Laden „mehr Räu­cher­haus“, in dem es zum Bei­spiel sehr loka­les Bier zu kau­fen gibt. Auf meine Frage, ob der Laden neu wäre, erhalte ich „kommt drauf an – so sechs, sie­ben Jahre?“ als Ant­wort. Bämm. Und jetzt sage mir doch bitte jemand, dass man nach 15 Jah­ren Ahren­shoop nicht mehr über­rascht wer­den kann …

Keine Fotos, da keine Lust und am Ende auch wie­der keine Sonne.

Donnerstag, 7. März:
Darßer Ort

Ha, heute aber! Sonne pur, wenig(er) Wind, aus­ge­ruhte Füße – auf nach Prerow.

Am Ende des Ortes auf dem gro­ßen Park­platz vor dem Cam­ping­platz kos­tet die Tages­karte mitt­ler­weile 7,50 Euro. Und es gibt nur Tages­kar­ten. Sie­ben Euro fünf­zig für den sel­ben, ewig bucke­li­gen Hart­platz wie seit 2009, nur dass man damals hier für drei Euro das Auto den gan­zen Tag abstel­len konnte. Da wir für unsere Tour erfah­rungs­ge­mäß höchs­tens fünf Stun­den brau­chen, wer­den wir uns nächs­tes Jahr wohl in Rich­tung Innen­stadt ori­en­tie­ren, wo man sich nicht den Unter­bo­den auf­schlägt und weni­ger, weil stun­den­ge­nau zahlt.

Man lebt aber nur ein­mal und vor allem heute, und des­halb stap­fen wir fro­hen Mutes in Rich­tung Dar­ßer Ort. Wir bie­gen mutig mal an einer ande­ren Stelle zum West­strand ab und sehen des­halb ein paar Meter Weg, die wir noch nicht kann­ten. Am Leucht­turm ist alles wie gehabt, an der Was­ser­kante lie­gen auch ein paar Hüh­ner­göt­ter für mich herum, und wir lau­fen am Strand bis fast zum Mül­ler­gra­ben, heute eben aus der ande­ren Richtung.

Der Rück­weg durchs Moor ist wie erwar­tet sehr feucht, so viel Was­ser haben wir in all den Jah­ren noch nicht in der Gegend ste­hen sehen. Noch schlim­mer wird es vom ehe­ma­li­gen Not­ha­fen in Rich­tung Nord­strand. Da man wegen der Bau­stelle – der Not­ha­fen wird end­gül­tig zuge­schüt­tet und rena­tu­riert, weil er wegen des in Pre­row neu ent­ste­hen­den „Super­ha­fens“ seine Exis­tenz­be­rech­ti­gung ver­liert – nicht über die Trep­pen zum Strand gelangt, müs­sen wir hin­ter dem Zelt­platz ent­lang und dann irgendwo über einen Auf­gang durch die Dünen. Pro­blem: Zwi­schen den bei­den Dünen hat sich eine lange Seen­land­schaft gebil­det, die Teile des Zelt­plat­zes und etli­che Dau­er­cam­per unter Was­ser setzt. Wir fin­den nach meh­re­ren Fehl­ver­su­chen doch noch einen Weg zum Nord­strand, sind da aller­dings auch schon wesent­lich näher an Pre­row als gewohnt. Aber immer­hin: Wir sind am Strand.

Den Abschluss bil­det der ersehnte Besuch in der Tee­schale, wo wir nach zwan­zig Minu­ten War­ten Plätze erha­schen kön­nen. Wir schla­gen uns auf die Schul­ter für die Ein­ge­bung, die Tour nicht am Frau­en­tag gemacht zu haben, denn dann dürfte die War­te­schlange bis auf die Straße reichen …

Freitag, 8. März:
Wustrow und zurück

Es ist wie gesagt Frau­en­tag. Alle wich­ti­gen Wege sind erle­digt, alle Ein­käufe getä­tigt, Kuchen für heute und Bröt­chen für den Sams­tag seit ges­tern vor­rä­tig – wir kön­nen unbe­schwert noch­mal zu einem Spa­zier­gang starten.

Es wird unsere Stan­dard­runde am Bod­den nach Wus­trow, dann durch Wus­trow zum Strand und am Strand zurück nach Niehagen.

In Wus­trow wim­melt es von Ber­li­ner Aus­flüg­lern – auch in Ber­lin ist heute Fei­er­tag, und des­halb klop­pen sich die Tou­ris­ten um die Park­flä­chen. (Auch der kleine Park­platz in Nie­ha­gen am Anfang des Weges zum Hohen Ufer, auf dem frei­tags nor­ma­ler­weise keine 10 Autos ste­hen, ist mit unge­fähr 50 Autos voll, irre …)

Wir schaf­fen es unter­halb der Steil­küste noch bis ran an den NVA-Bun­ker und betrach­ten die Besche­rung aus der Nähe. Guten Rutsch!

Um das Thema Küs­ten­ero­sion noch­mal zu ver­deut­li­chen: Die­ser klei­nere, vor unse­rer Zeit auf dem Darß abge­rutschte Bun­ker stand 2009 direkt unter der Steil­küste, spä­ter fiel der Klotz dane­ben run­ter, heute liegt der Bun­ker­wür­fel unge­fähr zehn Meter vom Ufer ent­fernt und von der Was­ser­li­nie bis zur Steil­küste sind es noch ein­mal sechs bis acht Meter. Vor dem die­ses Jahr abge­rutsch­ten Bun­ker konnte man frü­her noch zu Fuß und mit dem Fahr­rad lang. Das Meer frisst sich ins Land, und der Darß ist irgend­wann wie­der eine Insel …

Abends geht es in den Strand­läu­fer, wo fast im Minu­ten­takt Lauf­kund­schaft ohne Reser­vie­rung weg­ge­schickt wer­den muss. Püh!

Samstag, 9. März:
Abreise

Wecker auf 8, die Sonne lacht, Früh­stück, Aus­zug und auf den Heim­weg gemacht. Abfahrt ist 10.17 Uhr, Ankunft Schlag 14.30 Uhr, danach fol­gen noch Aus­la­den, Fahr­zeug­rei­ni­gung – das Gefährt hat eine echte Schicht Sand als Patina – und Schmidt-Heim­ho­lung. Gegen 17.30 Uhr ist das Rudel wie­der ver­eint und fei­ert das Wiedersehen.

Fazit

Nichts, was nicht in die Jacken­ta­sche passt, dafür eine ganz pas­sa­ble, regen­freie Woche mit See­luft und Strand­ki­lo­me­tern – gern wieder!

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