Donnerstag, 9. August:
Svendborg
Svendborg ist eine alte Handels- und Hafenstadt am Südzipfel von Fyn, in der man eine gute Anzahl alter Häusschen, eine Hafeninsel mit vielen Galerien und Kunstprojekten, eine Kirche mit sehr seltsamen Orgelpfeifen – ein paar sind waagerecht in den Kirchenraum ausgerichtet – und das einzige Armenhausmuseum* in Dänemark besichtigen kann. Außerdem gibt’s beim Bäcker im Supermarkt riesengroße Brötchen. Meine auf Dänisch gestellte Frage nach dem Touristenbüro wird von einer engagierten Frau mit einem dänischen Redeschwall beantwortet, dem ich geistesgegenwärtig wegen des Armwedelns die Richtung sowie die Ortsangabe „Havnepladsen“ entnehmen kann. Puh. Kurz darauf rennt(!) die Frau los um die Ecke zu einer versteckten Tafel und anschließend sofort wieder zu mir zurück, nur um mir mit einem weiteren Redeschwall zu bestätigen, dass ihre Vermutung richtig war. Ich mag die Dänen!
*Eigentlich ja „Fürsorgemuseum“ und tatsächlich ein Armenhaus, das bis Mitte der 70er Jahre betrieben wurde. Es wurde vor über 100 Jahren für die Armen, Kranken, Alten und Obdachlosen eingerichtet. Mit dem Einzug oder der Einweisung (manche kamen tatsächlich freiwillig, weil sie ihre Wohnung nicht mehr bezahlen konnten und andere wurden wg. Trunkenheit oder Landstreicherei aufgegriffen) wurden einem alle Bürgerrechte aberkannt. Die „würdigen“ Armen lebten in der Versorgungsabteilung. Das waren meist ältere und einsame Menschen ohne Familie oder Ehepartner, die sich um sie kümmerten. Diese Gruppe umfasste auch die „schwachen Armen“, wie die Behinderten oder Geisteskranken. Die „unwürdigen“ Armen wurden in das Arbeitshaus geschickt, in dem Männer und Frauen getrennt wurden. Im 19. Jh. sicherlich ein moderner Versuch, Menschen mit Arbeit und Enthaltsamkeit wieder ins geregelte Leben zu bringen. Aber bedrückt hat’s einen schon …
Im Innenhof des Armenhauses führen wir übrigens einen erfolglosen Kampf gegen eine ständig umfallende Wäschestütze. Denn jede anständige Wäschestütze hat ein spitzes Ende, mit der man sie in den Boden rammen kann – diese jedoch nicht; und deshalb werden noch Generationen von Besuchern verzweifelt mit ihr ringen.