Donnerstag, 25. August:
National Trust Stowe
Wer mal einen wirklich großen, alten Herrensitz nebst Garten besuchen will, ist in Stowe absolut richtig. Garten? Dieser Park ist eine Landschaft für sich! Vor vielen Jahren hat sich der lokale Feudalherr mit seiner Sammelleidenschaft ruiniert, vorher aber noch ein Gartengelände von ca. 250 acres (ca. 100 Hektar) mit allerlei Tempeln, Brücken und Säulen nebst einem riesigen Herrenhaus in die Landschaft gesetzt. Das ganze Projekt hat ungefähr 10 Jahre gedauert; also bis der Park fertig war. Queen Victoria hat in jungen Jahren auch einmal Stowe House besucht und war der Meinung, dass Geld nicht für soviel Prunk ausgegeben werden sollte. Die Erben hatten irgendwann die Schnauze voll vom Schuldenzahlen (die Familie war von einer der reichsten Großbritanniens zu einem der größten Schuldner mutiert) und haben dem National Trust den Garten vermacht. Das Haus wollte der Trust nicht, denn das ist im Unterhalt einfach ein wenig teuer. Deshalb ist da heute eine Schule untergebracht. Nachdem alles Wertvolle versteigert worden war, wucherte der Park langsam zu und das Schloss verfiel. Die Parkanlage konnte relativ schnell wieder hergerichtet werden, auch wenn ein paar „Tempel“ immer noch so eine Art Dornröschenschlaf halten. Es ist auch fast unmöglich, die alte Pracht wieder herzustellen, weil durch die Versteigerung Bilder, Skulpturen usw. in vielen privaten Sammlungen verschwunden sind. Und wenn die Räumlichkeiten restauriert werden, dann natürlich nur mit edlen Materialien! Das kostet natürlich Unmengen Geld, das nicht allein durch die Einnahmen aus der Staatlichen Lotterie, der einen oder anderen Spende vom National Trust und sonstigen privaten Zuwendungen, sondern auch durch Vermietung für private Feiern erbracht werden muss. Just am Tag unseres Besuches wurde gerade der „Runde Saal“ für eine Hochzeitsfeier am nächsten Tag vorbereitet. Und von Wissensdurst getrieben, platze ich in die Vorbereitungen hinein und werde natürlich sofort wieder hinaus komplimentiert. Doch welch Triumph: Die geführte Schlosstour führt auch durch den „Großen Saal“, den ich natürlich mit stolzem Blick durchschreite. Und ich nehme mit einer gewissen Schadenfreude wahr, dass unsere Gästeführerin irgendwie nicht so begeistert von diesem Treiben ist. Doch sie lässt sich selbstverständlich nicht beirren und zeigt und stolz und selbstbewusst den Saal, der ja eigentlich heute nicht für Besucher zugänglich ist, und auch den tollen Ausblick von der Treppe davor.
Ich taumele auf der Jagd nach Fotomotiven kreuz und quer durch den Park, Frau R. gibt sich wie gesagt noch eine Tour durch die Innenräume von Stowe House (deshalb auch mein profundes Wissen über Stowe House 😉 ).
Das Wetterroulette geht zwar nicht ganz zu meinen Gunsten aus, aber die wenigen Minuten Sonne reichen für ein paar schöne Schnappschüsse der Palladian Bridge. Und ich mache bestimmt nicht die künstlerisch schönsten Fotos. Aber dafür habe ich 1 – 2 verwunschene Orte mehr entdeckt, Hasen und 1 Eichhörnchen gesehen und sogar Zeit für eine Pause in der Sonne auf einer Bank gehabt. Stowe ist wirklich eine Reise wert! Auch wenn eine Kritik aus dem 19. Jh. nicht so prickelnd war. Es wurde sich nämlich beschwert, dass die Parkanlage in einem desaströsen Zustand wäre: Die meisten Bäche wären verschmutzt und würden stinken.Und was als „römisch“ oder „griechisch“ angepriesen würde, würde ja jedem Baustil spotten. Außerdem wäre es gänzlich pietätlos, wenn ein Wasserfall in den Fluss „Styx“ münden würde.
Abends noch mal „Pilgrim“ (Abschiedsessen sozusagen) und dann Abendgemütlichkeit 😉