Harz 2016

Montag, 1. August:
Solotag

Heute ist Foto­so­lorund­gang­tag. Ich ver­ziehe mich gegen 12 Uhr – bewaff­net mit dem kom­plet­ten Kame­ra­be­steck, Sta­tiv, Was­ser­fla­sche, Kapu­shirt, Wind­brea­ker und einer im Nach­hin­ein betrach­tet sinn­lo­sen Schicht Son­nen­creme auf der Haut – ins Umland mit dem Vor­satz, flink ein biss­chen die Kalte Bode zu knipp­sen und mich her­nach in den Bus nach Königs­hütte zu set­zen, wo noch ein paar nette Land­schaf­ten dar­auf war­ten, abge­lich­tet zu werden.

Vor­sätze sind das Eine, die Umset­zung das Andere. Die Kalte Bode plät­schert fröh­lich und unter­halt­sam vor sich hin, aber ich werde von einem Weg­wei­ser zur „Elends­burg“ ab- und dadurch von der Kal­ten Bode weg gelenkt. Besagte Elends­burg ist eine Anlage, wel­che rund um das Jahr 1000 ent­stand und den Han­dels­weg sicherte. Spä­ter sie­del­ten sich Mön­che an, leb­ten ein recht zurück­ge­zo­ge­nes Leben und ver­lo­ren nach und nach die Lust daran. Irgend­wann ver­fiel alles. Geblie­ben sind nur ein paar kom­pli­ziert zu erklet­ternde, hohe Stein­hau­fen und eine kleine Mini­höhle auf der Spitze, in der Nadel­wald­zweige und ein paar Tee­lich­ter herumliegen …

Dann wird es dun­kel, Wol­ken zie­hen auf, und ich begebe mich sicher­heits­hal­ber nach unten. Dort knippse ich Moos und Pflan­zen. Als es wie­der hel­ler wird, ziehe ich wei­ter am Flüss­chen ent­lang, bis mich ein Weg­wei­ser zu den Schnar­cher­klip­pen end­gül­tig vom Tages­plan abbringt und einen stei­len Berg hoch schickt. Steil allein ist nicht das Pro­blem – der Weg sel­ber hat es auch struk­tu­rell in sich, es lie­gen genü­gend Stol­per­steine, ‑wur­zeln und ‑matsch­pfüt­zen herum, die einem mäch­tig den Tag ver­der­ben könn­ten. Ich komme ein paar Flü­che spä­ter und mit dem net­ten Rat­schlag eines Ein­hei­mi­schen im Hör­gang („Packen Sie sich doch noch ein paar Steine auf die andere Schul­ter, dann geht es leich­ter!“) bei den Schnar­cher­klip­pen an. Und dort bin ich ganz allein, keine Men­schen weit und breit zu sehen, wes­halb auch ein paar alberne Fotos ent­ste­hen. Auf die eine Schnar­cher­klippe führt so etwas wie eine Lei­ter oder Treppe, die aber defi­ni­tiv nicht für Kin­der, Alte, Gebrech­li­che und stark Über­ge­wich­tige geeig­net ist. Kin­der kann man zur Not noch wer­fen (hoch wie run­ter), aber der Platz zwi­schen den Gelän­dern ist schma­ler als meine Schul­tern, wes­halb Men­schen mit kräf­ti­gem Bauch­um­fang ein­fach ste­cken blei­ben dürf­ten. Außer­dem ist die Lei­ter extrem steil, und man muss auf hal­ber Höhe sogar ein wenig Geröll beklet­tern. Die Aus­sicht und das Gefühl der Frei­heit sind jedoch Lohn genug für die Mühe!

Blick übers Land von der begeh­ba­ren Schnarcherklippe

Her­nach wan­dere ich noch wei­ter zur Mau­se­klippe, einem wei­te­ren, sehr impo­san­ten Stein­hau­fen mit­ten im Wald, wel­cher sich aller­dings nur von Berg­stei­gern oder sehr geüb­ten Wan­de­rern erklim­men lässt.

Da die Glo­cke im Tal bereits 17 Uhr schlägt, trete ich den Rück­weg an. Die Weg­wei­ser kün­di­gen einen stei­len Abstieg an, und das ist ernst gemeint – es geht geschätzte zwei Kilo­me­ter sehr abschüs­sig in Rich­tung Elend, und wenn ich die­sen Weg als Auf­stieg gewählt hätte, dann wäre meine Wan­de­rung nach einem Kilo­me­ter been­det gewesen.

Pünkt­lich zum Abend­brot schlage ich 18.45 Uhr im Häus­chen auf und bin fer­tig und glücklich.

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