Montag, 1. August:
Solotag
Heute ist Fotosolorundgangtag. Ich verziehe mich gegen 12 Uhr – bewaffnet mit dem kompletten Kamerabesteck, Stativ, Wasserflasche, Kapushirt, Windbreaker und einer im Nachhinein betrachtet sinnlosen Schicht Sonnencreme auf der Haut – ins Umland mit dem Vorsatz, flink ein bisschen die Kalte Bode zu knippsen und mich hernach in den Bus nach Königshütte zu setzen, wo noch ein paar nette Landschaften darauf warten, abgelichtet zu werden.
Vorsätze sind das Eine, die Umsetzung das Andere. Die Kalte Bode plätschert fröhlich und unterhaltsam vor sich hin, aber ich werde von einem Wegweiser zur „Elendsburg“ ab- und dadurch von der Kalten Bode weg gelenkt. Besagte Elendsburg ist eine Anlage, welche rund um das Jahr 1000 entstand und den Handelsweg sicherte. Später siedelten sich Mönche an, lebten ein recht zurückgezogenes Leben und verloren nach und nach die Lust daran. Irgendwann verfiel alles. Geblieben sind nur ein paar kompliziert zu erkletternde, hohe Steinhaufen und eine kleine Minihöhle auf der Spitze, in der Nadelwaldzweige und ein paar Teelichter herumliegen …
Dann wird es dunkel, Wolken ziehen auf, und ich begebe mich sicherheitshalber nach unten. Dort knippse ich Moos und Pflanzen. Als es wieder heller wird, ziehe ich weiter am Flüsschen entlang, bis mich ein Wegweiser zu den Schnarcherklippen endgültig vom Tagesplan abbringt und einen steilen Berg hoch schickt. Steil allein ist nicht das Problem – der Weg selber hat es auch strukturell in sich, es liegen genügend Stolpersteine, ‑wurzeln und ‑matschpfützen herum, die einem mächtig den Tag verderben könnten. Ich komme ein paar Flüche später und mit dem netten Ratschlag eines Einheimischen im Hörgang („Packen Sie sich doch noch ein paar Steine auf die andere Schulter, dann geht es leichter!“) bei den Schnarcherklippen an. Und dort bin ich ganz allein, keine Menschen weit und breit zu sehen, weshalb auch ein paar alberne Fotos entstehen. Auf die eine Schnarcherklippe führt so etwas wie eine Leiter oder Treppe, die aber definitiv nicht für Kinder, Alte, Gebrechliche und stark Übergewichtige geeignet ist. Kinder kann man zur Not noch werfen (hoch wie runter), aber der Platz zwischen den Geländern ist schmaler als meine Schultern, weshalb Menschen mit kräftigem Bauchumfang einfach stecken bleiben dürften. Außerdem ist die Leiter extrem steil, und man muss auf halber Höhe sogar ein wenig Geröll beklettern. Die Aussicht und das Gefühl der Freiheit sind jedoch Lohn genug für die Mühe!
Blick übers Land von der begehbaren Schnarcherklippe
Hernach wandere ich noch weiter zur Mauseklippe, einem weiteren, sehr imposanten Steinhaufen mitten im Wald, welcher sich allerdings nur von Bergsteigern oder sehr geübten Wanderern erklimmen lässt.
Da die Glocke im Tal bereits 17 Uhr schlägt, trete ich den Rückweg an. Die Wegweiser kündigen einen steilen Abstieg an, und das ist ernst gemeint – es geht geschätzte zwei Kilometer sehr abschüssig in Richtung Elend, und wenn ich diesen Weg als Aufstieg gewählt hätte, dann wäre meine Wanderung nach einem Kilometer beendet gewesen.
Pünktlich zum Abendbrot schlage ich 18.45 Uhr im Häuschen auf und bin fertig und glücklich.
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