Hain-Gründau, Hessen 2024

Dienstag, 13. August:
Gelnhausen

Der Ort Geln­hau­sen steht auf unse­rer Agenda eigent­lich eher als Ein­kaufs-Zwi­schen­halt, weil Google dort eine geballte Menge an Super­märk­ten, Bäckern, Dro­ge­rie­märk­ten u. a. mel­det. Bei ein­ge­hen­der Lite­ra­tur stel­len wir fest, dass es dort auch noch eine schöne alte Innen­stadt sowie eine Kai­ser­pfalz aus Bar­ba­ros­sas Zei­ten geben soll.

Das alles gibt es tat­säch­lich, und vor allem gibt es: Hang­lage. Unge­fähr so wie Gerol­stein, nur alles an einer Hang­seite, zumin­dest was die Alt­stadt betrifft. Die lässt sich, wenn man die 50 Grad im Schat­ten und die 3 Liter Was­ser­ver­lust pro Stunde durch die Poren igno­riert, wirk­lich gut durch­lau­fen. Man fin­det zum Bei­spiel eine Kir­che, die erst eine Kir­che war, spä­ter zur Tabak­fa­brik wurde – und dann wie­der zur Kir­che. Man fin­det auch das Geburts­haus von Grim­mels­hau­sen – spielt der „Sim­pli­cis­si­mus“ heute im Deutsch­un­ter­richt noch eine Rolle?

Wenn‘s nicht so heiß gewe­sen wäre, hätte ich die Stadt mehr­mals durch­lau­fen kön­nen, so sehr war ich von ihr ange­tan. War aber viel­leicht auch gut so, dass wir das nicht getan haben, denn sonst wären wir der Fach­werk­häu­ser viel­leicht über­drüs­sig geworden.

Irgend­wann fängt es an, gewit­te­rig zu grol­len, und die Kai­ser­pfalz sollte zum Schluss zügig besucht wer­den. Wir wer­den um 15 Uhr mit einem „Oh, kommt also doch noch jemand!“ von der Dame an der Kasse begrüßt. Auf die Frage, ob wir heute etwa die ers­ten Besu­cher wären, ist die Ant­wort „Nein, gegen 10 Uhr waren schon vier Leute da“ …

Der Bau der Kai­ser­pfalz und deren Geschichte waren nicht unbe­dingt ein Ruh­mes­blatt. Es gab schon wäh­rend der ers­ten Zeit einen Bau­stopp. Danach nin­gelte jemand, dass man ihm die Aus­sicht in den Innen­hof mit klei­nen Gebäu­den zuge­baut hätte. Wegen des schlech­ten Bau­zu­stands wohn­ten hohe Leute irgend­wann gar nicht mehr in der Pfalz, son­dern in der direkt dane­ben lie­gen­den Stadt Geln­hau­sen – die Pfalz war damals ein eigen­stän­di­ger Ort –, noch spä­ter ver­schanz­ten sich dort Geäch­tete, bei der Rück­erobe­run­gen wurde die Pfalz demo­liert. Irgend­wann wurde sie wegen Nicht­nut­zung verpfändet.

Heute sind noch die umge­bende Mauer, der Ein­gangs­turm und eine Trenn­wand im Innen­be­reich zu sehen, der Rest der Bau­werke ist nicht mehr vor­han­den. Trotz­dem ist die Kai­ser­pfalz Geln­hau­sen die am bes­ten erhal­tene Pfalz der Stau­fer in Deutsch­land. Und geschicht­lich auch sehr bedeut­sam: Hier wurde in 1180 ein bedeu­ten­der Reichs­tag durch Kai­ser Fried­rich I. Bar­ba­rossa abge­hal­ten, bei dem auch im Rah­men des Pro­zes­ses gegen Hein­rich den Löwen jenem die Besitz­tü­mer aberkannt und neu ver­teilt wur­den. Tja, so ist das, wenn man sei­nem Cou­sin die Unter­stüt­zung gegen die auf­stän­di­schen ober­ita­lie­ni­schen Städte ver­wei­gert und auch noch ein­ge­schnappt ist, weil einem zusätz­li­che Pri­vi­le­gien (u. a. die Sil­ber­stadt Gos­lar) nicht zuge­stan­den wer­den! Wer Details wis­sen möchte und sich zudem noch für die deut­sche Geschichte des 12 Jahr­hun­derts inter­es­siert, dem emp­fehle ich die „Schwert und Krone“-Romanreihe von Sabine Ebert. Man kann natür­lich auch ein Geschichts­buch lesen oder Wiki­pe­dia befra­gen. Die Romane sind aber unterhaltsamer.

Es don­nert zwar wei­ter, aber es gewit­tert doch nicht. Des­halb: Ter­rasse, Kuchen und Bücher!

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